Privatsphäre im digitalen Raum

Aus mir unerfindlichen Gründen ist es nicht weit verbreitet auch nur im geringsten auf den Schutz seiner Daten im digitalen Raum zu achten. Das überrascht mich sehr, denn die meisten Menschen achten im normalen Leben sehr darauf, was sie mit wem teilen.

Bequemlichkeit

Ich vermute, dass ein Grund dafür, nicht auf seine Daten zu achten ist, dass es einfach zu bequem ist die großen Dienste zu nutzen, ohne sich Gedanken darüber zu machen was für Folgen das hat. Viele dieser Konzerne bauen sogar einen scheinbaren Schutz der Daten auf. Zum Beispiel, indem sie es einem erlauben die Daten nur einigen Personen zu schicken, oder ähnliche Mechanismen. Aber das spielt für das Backend des Dienstes ja keine Rolle. Selbst wenn man “nur an den Empfänger senden” auswählt, werden die Daten einfach in der Datenbank gespeichert, für die Firma klar einsehbar. Jedes Abweichen von diesen schon etablierten, und vor allem von allen anderen auch genutzten, Diensten ist eine Unannehmlichkeit. Ich versuche auf den Schutz meiner Daten zu achten, und da merke ich selber was das für Probleme mit sich bringt. Man wird immer schief angeschaut, wenn man Programme wie zum Beispiel WhatsApp oder Instagram nicht nutzt. Und teilweise auch ausgeschlossen, denn man hat eben keinen Account für den Dienst, über den sich die Gruppe verständigt. So muss man eben sein Umfeld immer wieder davon überzeugen andere Programme zu nutzen, die deine Daten besser schützen. Das ist aber für die anderen eine Unannehmlichkeit, denn man müsste sich mit dem Thema auseinandersetzten. Und die von großen Firmen betriebenen Programme sind einfach am besten designed und moderiert. Da ist es erstmal eine logische Reaktion, sie weiter nutzen zu wollen. Und genau das wollen die Firmen ja auch. Denn so gibst du weiter deine Daten pries, die sie verkaufen können und so ihr Geld machen.

Aufklärung

Ein Grund für dieses Verhalten ist meiner Meinung nach die mangelnde digitale Aufklärung. Wenn bei der Nutzung des Internets von Anfang an darauf hingewiesen wird nicht alles preiszugeben, dann wäre einem wenigstens bewusst, wie viele Daten abgegriffen werden. Und ich bin fast davon überzeugt, dass die Mehrheit der Nutzer sich nicht so entscheiden würden wie sie es im Moment tun. Es ist essentiell, dass diese Schritte in den Anfängen der Nutzung des Internets genommen werden. Denn es ist sehr schwer Menschen davon zu überzeugen ihre Gewohnheiten zu ändern. Aber wenn einem von Anfang an bewusst ist wie das Internet funktioniert, dann fängt man mit den schlechten Gewohnheiten gar nicht erst an. Und mit wissen wie es funktioniert meine ich nicht die technischen Hintergründe und Protokolle. Ich meine wie sich die Firmen finanzieren und wo sie überall dahinterstecken. Gerade bei jüngeren Kindern, bei denen die Nutzung des Internets auch immer früher anfängt, erkennt man dieses un hinterfragte Nutzen des Internets. Das ist natürlich nicht die Schuld der Kinder, sondern die der Erziehungsberechtigten oder der Bildungseinrichtungen wie Schulen.

Ausmaß

Wie ich schon mehrfach angesprochen habe ist vielen das Ausmaß der Überwachung nicht bewusst. Was auch Sinn ergibt, denn die Medien, die man auf den Plattformen zu sehen bekommt, die ihr Geld mit ebendieser Überwachung ihr Geld verdienen, klären nicht darüber auf. Es ist wichtig zu verstehen, dass das was die großen player im Internet über dich wissen viel mehr ist, als das was du aktiv preisgibst. Es ist zwar dumm einen Wohnort anzugeben, aber das eher weil andere Nutzer es sehn könnten. Das Unternehmen weiß das sowieso. Es geht also auch um Metadaten, die aus deinem Nutzungsmuster und den zugrundelegenden Internetprotokollen hervorgehen. Lass uns das Beispiel des Wohnortes weiter verfolgen. Sehr einfach und eindeutig ist natürlich die IP-Adresse. Sie beschreibt einfach deinen Wohnort. Aber nehmen wir an, dass Du eine Proxy oder ähnliches nutzt um deine IP-Adresse zu verstecken. Dann gibt es noch Bilder-Metadaten, die ausgelesen werden können, Kontakte aus der Region oder einfach die Nutzungszeiten, die ja im Normalfall mit den Zeitzonen übereinstimmen. Da stellt man sich gerne die Frage, warum man so große Anstrengungen eingehen sollte um ein paar Daten zu bekommen. Ganz einfach, es ist kaum Aufwand. Die Rechenleistung die die FAANG-Unternehmen zur Verfügung haben ist fast unbegrenzt und Deine Daten als reicher Europäer sind total wertvoll. Wenn wir weiter das Beispiel des Wohnortes verfolgen, dann ergibt das total Sinn, denn Werbung für lokale Läden ist effektiver als Werbung die für dich nicht relevant ist. Daher ist das aus Sicht des Unternehmens total sinnvoll diese Daten zu sammeln, zu nutzen oder weiterzuverkaufen. Aber da hört das alles noch lange nicht auf. Die Ebene der Überwachung, über die man sich noch weniger Gedanken macht, da sie zum Endgerät dazugehört ist die Betriebssystem-Ebene. Die meisten Betriebssysteme sind nicht quelloffen. Wir wissen also schlicht nicht was in ihrem inneren passiert. Das lässt den Schluss zu, dass man seinem Gerät eigentlich überhaupt nicht vertrauen kann. Das Betriebssystem kann auf alles zugreifen und wenn es das will auch mitschreiben oder senden. So haben die Vertreiber dieser Systeme auch Zugriff auf Daten, die man ihnen nicht gewährt (z.B. Standort, Kamera, Mikofon, …). Auch da weiß man einfach nicht was wirklich passiert. Aber man kann sich eben nicht sicher sein, denn

They can do everything you can, and a bit more.

Snowden über den Zugriff auf die Hardware deines Endgerätes der Hersteller des Betriebssystems.

Und es gibt natürlich zu allem Alternativen, die deine Privatsphäre wertschätzen. Aber was es aber auch gibt sind scams, die auf genau dieses Bedürfnis anspringen. Zum Beispiel VPNs. Sie versprechen einfachen Schutz und verleihen einem das Gefühl von Kontrolle. Aber wie ich oben schon erwähnt habe ist die IP-Adresse nur einer von vielen Faktoren, über die man dich identifizieren kann und Informationen über dich sammeln kann. Dazu kommt noch, dass auch VPN-Anbieter meist eigene Protokolle nutzen und es ist nicht gesagt, dass sie nichts mitschreiben (manchmal sind sie sogar dazu verpflichtet). Es mag zwar einzelne geben, die das nicht machen aber im großen und ganzen stellen solche Dienste (nicht nur VPNs, auch zum Beispiel Antivirusprogramme) für den durchschnittlichen Nutzer nur eine weitere Schwachstelle dar.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte ist, dass die ganz großen Internetgiganten auch versteckt überall sind. Vor allem Google und Cloudflare stecken hinter allem (aber Microsoft und andere in ähnlichem Ausmaß). Denn immer wenn irgendetwas kostenlos ist, bist du das Produkt. Oder viel mehr deine persönlichen Daten. Beinahe jede Seite im Internet steckt hinter der Cloudflare DDos-protection. Oder nutzt googles recaptcha oder ein Cloudflare Äquivalent. Google services wie die analytics schreiben mit, dass du da warst und können natürlich auch deine google cookies auslesen. Und das hostig vieler Seiten findet auch bei solchen Giganten statt, denn in Serverfarmen ist Serverleistung billig. Dazu kommen noch andere Dinge wie cloudflares CDN und vieles vieles mehr (von dem auch ich keine Ahnung habe). So können diese Firmen auch dein Verhalten auf anderen Seiten, die ihnen nicht gehören Tracken, mitschreiben, analysieren und weiterverkaufen.


TLDR

Du bist dir vermutlich des Ausmaßes der Überwachung gar nicht bewusst. Das Bild des “gläsernen Menschen” ist noch eine Untertreibung, denn alles an dir und deinem Nutzungsverhalten kann und wird analysiert. Das Problem ist, dass diese Internetgiganten so eine dominante Stellung im Internet haben, dass man ihnen nicht ausweichen kann, was ihnen die Möglichkeit gibt effizienter mehr Daten zu sammeln und das wiederum ermöglicht es ihnen kostenlose Dienste anzubieten, was zur Folge hat, dass mehr Menschen es nutzen. Und so weiter.

Du bist das Produkt. Denk mal drüber nach, ob du das sein willst.


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Dieser Beitrag ist Teil meines Plans, in 2023 jede Woche einen Post zu erstellen, mit Dingen, die ich gelernt habe. (Das sind dann 52 Posts).

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